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Ludwig Radebach, der 18. Prediger des Bezirks Edewecht / Westerstede (1904 – 1906)

Autorenbild: Johann LüschenJohann Lüschen

Ludwig Radebach war vom Sommer 1904 bis zum Sommer 1906 Prediger des methodistischen Bezirks Edewecht/Westererstede. Es war wohl für ihn der persönlich wichtigste Bezirk, denn kurz vor Ablauf seiner Dienstzeit  heiratete er am 22. Juni 1906 Maria Wenke. Sie war die Tochter des Laienpredigers Johann Wenke aus Portsloge.


Ludwig war ein Kind methodistischer Eltern in Hamburg. Dort wurde er am 29. Oktober 1878 geboren und wenig später mit dem vollständigen Namen Ludwig Wilhelm Gustav Radebach getauft. Er war das dritte von zwölf Kindern. Er ging zur Sonntagsschule und beteiligte sich schon als junger Mann aktiv am Gemeindeleben.



Ludwig Radebach

Mit 17 Jahren war er Sonntagsschullehrer und ein Jahr später Leiter des Männervereins. Kurz darauf bekam er von seiner Gemeinde die Predigterlaubnis. Es lief darauf hinaus, dass er sein Leben in den Dienst Gottes und der Kirche stellen sollte. Zuvor erlernte er aber noch den Kaufmannsberuf. 1899 bis 1901 absolvierte er Praktikantenjahre, um dann bis 1904 im Predigerseminar in Frankfurt am Main studieren zu können.


Als fertig ausgebildeter Prediger war Edewecht/Westerstede dann sein erster Arbeitsplatz. Von hier ging es für zwei Jahre nach Aurich und für drei Jahre nach Leer. Es folgten längere Dienstzeiten in Kiel und in Hamburg-Barmbek. Seine Predigerlaufbahn endete 1938 in Lübeck nach einem schweren Unfall. Er stürzte im Garten von der Leiter und zog sich vier Knochenbrüche zu, so dass er ein Vierteljahr arbeitsunfähig war. Eine Diabetes-Erkrankung trug dazu bei, dass er sich nicht wieder erholte und am 16. August 1939 im Alter von 61 Jahren starb. Der „Evangelist“ würdigte ihn in einem ausführlichen Nachruf.


Maria zog 1948 wieder in ihre Heimatgemeinde nach Edewecht. Schon 14 Tage darauf starb sie  und wurde am 24. April auf dem Edewechter Friedhof beerdigt.


Ludwig und Maria hatten zwei Kinder – Richard und Röschen.


Das Wirken von Ludwig Radebach auf dem Bezirk Edewecht/Westerstede fällt in eine Zeit, aus der uns nur wenig bekannt ist.


Aufschluss geben aber die Berichte des Superintendenten an die Jährliche Konferenz. Beide werden wörtlich weitergegeben:


„1905 Edewecht-Westerstede

Diesen Bezirk hat Bruder Radebach das letzte Jahr mit Fleiß und gutem Erfolg bedient. Der Herr hat sich zu seiner Arbeit bekannt. In Westerstede, wo seit Jahren unsre Versammlungen sehr klein waren, hat eine herrliche Erweckung stattgefunden. 14 Personen suchten und fanden Vergebung der Sünden und Frieden mit Gott und suchen nun treulich mitzuhelfen am Aufbau des Reiches Gottes. Die Gottesdienste daselbst werden gut besucht. Was Edewecht betrifft, so sind wir noch auf das Warten angewiesen. Wir hoffen, dass auch für diesen Ort bald eine Zeit der Erquickung vom Angesichte des Herrn kommen wird. Die Gliederzahl ist um 3 zurückgegangen, weil 12 Personen mit Schein weggereist sind und 3 Todesfälle stattgefunden haben. In finanzieller Hinsicht hat der Bezirk gut getan. Die Einnahmen belaufen sich auf M 2077.“


Hier vermisst man das Sterberegister, das vor 1945 entweder nicht geführt wurde oder vernichtet wurde. Zwei der drei Sterbefälle sind namentlich bekannt: Lükke Caspers, geborene Burts, aus Apen und Maria Janßen, geborene Frerichs, von der Harkebrügger Mark.


„1906 Edewecht-Westerstede

Bruder Radebach bedient sein zweites Jahr diesen Bezirk. Seinem Bericht an die letzte Vierteljahrskonferenz stellt er das Psalmwort an die Spitze: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat“, und er hat Ursache dazu. Ohne Unterbrechung konnte er den ausgedehnten Landbezirk mit seinen 8 Stationen bedienen. Bei Frost und Schnee, Regen und Sonnenschein, zu Fuß oder per Vehikel ging es durch Moor und Heide, fast regelmäßig wöchentlich 7 bis 8 mal predigen, dazu Gebetsstunden und Vereine abhalten und Singstunden leiten. Wer das aushält, ohne seiner Gesundheit zu schaden, darf wohl ausrufen: „Lobe den Herrn, meine Seele.“ Das geistliche Leben in der Gemeinde ist im allgemeinen gut. Eine schöne Zahl von Seelen wurden bekehrt. Es haben sich bisher aber nur 6 auf Probe angeschlossen, 3 wurden in volle Verbindung aufgenommen. Die reine Zunahme beträgt 2. Aufgebracht hat die Gemeinde 2578 Mark, pro Glied 21 Mark.“


Unser Gemeindeprediger Ludwig Radebach durfte drei Paare trauen, die treue Gemeindeglieder blieben: Der Bauer Anton und Helene Borchers von Portsloge, der Uhrmacher Karl und Martha Wenke, ebenfalls von Portsloge und der Schneidermeister Johann Friedrich und Anna Büntjen von Westerstede.


Vier Kinder wurden in seiner Amtszeit geboren. Vielleicht, weil er noch kein ordinierter Prediger war, wurden sie von ihm aber nicht getauft.


Den Namen Ludwig Radebach hörte ich schon als Kind in den Erzählungen meiner Großmutter. Zur Edewechter Gemeinde hatte er immer eine gute Beziehung. Das hatte sicher mit seiner Portsloger Frau zu tun. Er wird als frommer Mann geschildert. Er konnte durch seinen Humor bei vielen „über manches Schwere hinweghelfen“. Er war ein begehrter Redner bei Evangelisationen. Seine Predigten werden mit „hinreißend“ beschrieben.


Ludwig Radebach konnte auch wohl gut organisieren oder hatte gute Verbindungen. Er konnte erreichen, dass die Lübecker Methodistengemeinde in seinem Sterbejahr das so genannte „Repräsentantenhaus“ der Senatorenfamilie Mann, zu der auch die Schriftsteller Thomas und Heinrich Mann gehörten, erwerben konnte. Unser früherer Gemeindeprediger Schielzeth, der 1946 in Lübeck wirkte, beschrieb das Gebäude als „sehr schönes Gotteshaus … für gottesdienstliche Zwecke würdevoll eingerichtet. Man hatte Freude am Hause Gottes. Die Gemeinde erlebte segensreiche Stunden in seinen Räumen, bis die unheilvolle Bombennacht über die Stadt Lübeck hereinbrach und auch unsere schöne Kirche völlig zerstörte“.


Sein Predigerkollege Heinrich Ramcke sagte an seinem Grab: „Nun ist er daheim bei dem Herrn, dessen Eigentum er war und dem er diente. Wir danken Gott, dass er uns Bruder Radebach gab, gedenken dankbar des Segens, den Gott uns und unserer Kirche durch ihn vermittelte“.

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