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  • AutorenbildJohann Lüschen

Jürgen Wischhusen – Der siebte Prediger des Bezirks Edewecht / Westerstede / Rhauderfehn (1872–1875)

Jürgen Wischhusen war von 1872 bis 1875 Prediger unseres Bezirks. Er wurde von Flensburg in das Ammerland versetzt. Das Portrait wurde 1870 aufgenommen. So werden die Edewechter, Westersteder und Rhauderfehner ihn kennengelernt haben.




Edewecht und Westerstede gehörten zum Großherzogtum Oldenburg, Rhauderfehn zum Königreich Preußen. Die deutschen Staaten Oldenburg und Preußen gehörten zum ein Jahr vorher gegründeten Deutschen Reich mit Kaiser Wilhelm I. an der Spitze.


„Jürgen Hinrich“ Wischhusen wurde am 12. August 1844 in Grohn, Kirchspiel Lesum, geboren und dort am 3. September 1844 in der Kirche St. Martini getauft. Seine Eltern waren Johann Diedrich Wischhusen und Anna Friederike, geborene Schwartz. Das Ehepaar hatte neun Kinder. Drei davon starben früh. Jürgen wurde Vollwaise als er 13 Jahre alt war. Sein Vater starb fünf Monate vor der Geburt seines jüngsten Bruder Martin, die Mutter starb einen Monat nach der Geburt. Jürgen kümmerte sich um seine Geschwister. Die beiden jüngsten befanden sich später in seinem Predigerhaushalt in Edewecht. Jürgen Wischhusen heiratete im Jahre 1868 Lucie Friederike Rabe aus Deichshausen, das zur oldenburgischen Gemeinde Altenesch gehört. Die Proklamation fand in der Kirche in Lesum statt. Die Eheleute nahmen daraufhin in Bremerhaven ihren Wohnsitz.


Jürgen, der auch „Georg Hinrich“ oder „George“ genannt wurde, hatte ein abwechslungsreiches Berufsleben. Zuerst war er Schiffssteuermann. Dann studierte er Theologie und wurde Prediger der Bischöflichen Methodistenkirche in Deutschland. Zuletzt betrieb er in Amerika ein Lebensmittelgeschäft.


Seinen Dienst in Edewecht trat er im Juli 1872 an. Schon wenige Wochen später, am 15. September, wurde das zweite Kind Adeline Lucie geboren. Am 7. Oktober wurde es in der Edewechter Kapelle vom Superintendenten, damals „Vorstehender Ältester“, J. Locher getauft.


Bei der ersten Vierteljährlichen Konferenz am 26. Oktober 1872 zählte sein Gemeindebezirk 4 Sonntagsschulen mit 50–60 Schülern, geleitet von fünf Lehrern und sieben Lehrerinnen. Der Bericht des Sonntagsschulkomitees ist ernüchternd: „Der Bericht des Comittees über [die] S[onntags]schul-sache wurde mündlich abgegeben und lautete folgendermaßen: Wir haben uns auf verschiedene Weise bemüht, die S[onntags]schulen zu heben, doch ist der Erfolg unserer Bemühungen gering, weil so viel Widerstand von Seiten der Lehrer [der Volksschulen] vorhanden [war]“. Das Protokollbuch der „Vierteljährlichen Konferenzen“ berichtet: „Die Zahl der Glieder ist 57. … Es ist zu wünschen, dass mehr Eifer für die Sache des Herrn in der Gemeinde [gezeigt wird] und die Glieder untereinander im Geist brüderlicher Liebe mehr verbunden werden. Unsere Hoffnung steht auf dem Herrn. Er wird geben über Bitten und Verstehen, nach seiner Verheißung.“


Prediger Wischhusen scheint sehr direkt und tatkräftig gewesen zu sein. Er „fand nach dem Protokoll, dass ein Komitee für Predigerwohnung erwählt, dasselbe scheint jedoch nicht seine Pflicht gethan, indem viele kleine Schäden in der Wohnung, die mit wenigen Auslagen hätten verbessert werden können“. Noch im ersten Vierteljahr seiner Amtszeit in Edewecht wurde aufgrund seiner Anregung von der Vierteljährlichen Konferenz beschlossen, einen Traktatverein und einen Nähverein zu gründen. Der letztere wird als Ursprung des Frauenvereins angesehen. Der Traktatverein war ein Vorläufer des heutigen Büchertischs.


Im nächsten Januar zählten die Sonntagsschulen des Bezirks 50–60 Kinder. Prediger Wischhusen wünschte sich: „Möge der Herr sich bald sichtbar an den Kinderherzen offenbaren.“ Ab 1873 heißt der Bezirk offiziell „Edewecht / Westerstede / Rhauderfehn“: In Rhauderfehn, dem westlichsten Predigtplatz des Bezirks schlossen sich viele Menschen den Methodisten an. Hier sah man den Anfang einer sehr vielversprechenden Arbeit. Sie wurde besonders von einem Westrhauderfehner Auswanderer finanziell unterstützt. Dazu heißt es in einem Bericht der amerikanischen „Missionsbehörde der Methodistenkirche“: „Edewecht, Westerstede und Rhauderfehn haben zwei Prediger. [Der leitende Prediger] J. Wischhusen arbeitet in Edewecht, wo einige Seelen gerettet wurden.

Bruder Rohr residiert [als Lokalprediger] in Rhauderfehn, einem Gebiet mit 4000 Einwohnern. Dies ist eine neue Mission, die von einem Bruder unserer Kirche in Amerika mit 400 Dollar unterstützt wird. Diese Mission arbeitet erfolgreich. Wir können keinen Raum finden, der die große Anzahl der Zuhörer aufnehmen kann“.


Die Versammlungen in Westrhauderfehn fanden in einem Privathaus statt. Sie wurden vom Gemeindeprediger Wischhusen gehalten. Danach mietete man eine „Küche“ an. Sie wurde vergrößert „durch Zuziehung der angrenzenden Räume“. Später wurde in der II. Süderwieke ein Lokal gemietet und in Bruder Diedrich Rohr, einem „Kind“ der Edewechter Gemeinde, der kleinen Rhauderfehner Methodistenschar einen Prediger geschickt. Bei dem amerikanischen Unterstützer handelt es sich um den aus Rhauderfehn stammenden Bernhard Freese, der in Amerika mit dem Handel von landwirtschaftlichen Produkten wohlhabend wurde.


Unter der Aufsicht von Prediger Wischhusen entfaltete sich das Werk in Rhauderfehn sehr gut, so dass an den Bau einer Kapelle gedacht wurde. Noch während seiner Amtszeit wurde damit begonnen. Dieser Bau war hoch umstritten; auf der einen Seite stand ein Geldgeber aus Amerika zur Verfügung und auf der anderen Seite war die Gemeinde aber noch jung und nicht gefestigt.


Einige Monate wirkte auch Prediger Kaufmann in Rhauderfehn, der Prediger Rohr ablöste. Allein im November wurden 23 Personen aus West- und Ostrhauderfehn auf Probe in die Gemeinde aufgenommen. 1874 wurden davon 16 in „volle Verbindung“ aufgenommen. Zu den Gründern der Gemeinde zählte Lambert de Freese (der nicht mit dem oben genannten Bernhard Freese verwandt war). Zwei seiner Töchter heirateten Methodistenprediger.


Am 6. Juni 1874 wurde in der Wohnung der Edewechter Kapelle das dritte Kind Heinrich Friedrich geboren. Am 26. Juli fand die Taufe durch Prediger J. Locher „in der Kapelle“ statt. Wie eng musste es jetzt in der Predigerwohnung geworden sein, weil ja dort auch noch Jürgens beide jüngsten Geschwister wohnten. Die Jährliche Konferenz unserer Kirche versetzte Jürgen Wischhusen im Spätsommer 1875 an die blühende Gemeinde in Neuschoo, Ostfriesland. Sein letztes Arbeitsgebiet als Prediger war der Bezirk Bielefeld.


Wie oben schon erwähnt, gab Jürgen Wischhusen sein Engagement als Prediger in der Methodistenkirche auf. Am 21. August 1884 wanderte er mit dem Schiff „Donau“ von Bremen nach Amerika aus. Er kam am 3. September in New York an. Dort blieb er seiner Kirche treu, wenn auch als einfaches Mitglied. Für ihn ist im „Christlichen Apologeten“, der Wochenzeitschrift der deutschen Methodisten in Amerika ein Nachruf abgedruckt:

„Bruder Georg H. Wischhusen, geboren in Grohn bei Bremen am 12. August 1844, starb zu Tulsa, Indian Terrritory, am 9. Februar 1907. Er wurde in Deutschland zu Gott bekehrt und diente eine Reihe von Jahren drüben als Methodistenprediger. Zur Zeit seines Todes war er Glied der englischen Methodistengemeinde in Tulsa. Er liebte die Kirche innig und genoß als Christ und ehrenhafter Geschäftsmann die Achtung seiner Mitbürger. In den letzten fünf Monaten seines Lebens hatte er schwer zu leiden. Als sein Ende nahete, war er völlig in Gottes Willen ergeben. In der letzten Unterredung, welche der Prediger mit ihm hatte, sagte er: „Ich bin bereit zu gehen, wenn Jesus mich ruft.“ Seine Gattin pflegte ihn treulich Tag und Nacht bis ans Ende. Reverend F. W. Hart, sein Prediger, hielt die Leichenpredigt über einen seiner Lieblingstexte, nämlich Psalm 84, 6 und 7. Nebst Gattin hinterläßt er vier Kinder, drei Töchter und einen Sohn. J. H. Horst, Covington, Kentucky“


Prediger Wischhusen wurde auf dem Oaklawn Cemetery in Tulsa, Tulsa County, Oklahoma, beigesetzt.


Unter der Arbeit Jürgen Wischhusens – schon vor seiner Edewechter Amtszeit – bekehrte sich der von Aurich nach Rhauderfehn gezogene Friedrich Eilers. Er wurde später Prediger und Superintendent des Bremer Distrikts der Methodistenkirche und war auch „Inspektor des Bethanien-Vereins“. Jürgen Wischhusen und Friedrich Eilers wurden enge Freunde.


Zu erwähnen ist noch, dass zum abwechslungsreichen Leben unseres Predigers Jürgen Wischhusen zählt, dass er am 8. Juli 1874 in Schaffhausen/Schweiz mit Friedrich Eilers zu den vier Gründern des „Bethanien-Vereins“ „zum Zweck karitativer Pflegearbeit“ zählte. Er gehört deshalb zu den Pionieren der methodistischen Diakonie, die ein Markenzeichen für die Sozialarbeit in der Methodistenkirche wurde.

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