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  • AutorenbildJohann Lüschen

Georg Göß – Der fünfte Prediger der Evangelisch-methodistischen Gemeinde (1866–1869)

Johann Georg Göß folgte von Hamburg kommend Prediger Franz Klüsner. Er war der erste „ausländische Prediger“, der dem Bezirk Edewecht/Westerstede vorstand. Ein Franke aus Bayern.


Ob vorher jemals ein Bayer in Edewecht wohnte?


Johann Georg Göß wurde am 1. November 1828 in Ergersheim, einer mittelfränkischen Gemeinde in Bayern als Sohn des Bauern Valentin Göss geboren. Seine Eltern gehörten der Evangelisch-Lutherischen Kirche an. Nach seiner Schulzeit und der Konfirmation half er zuerst seinem Vater in der Landwirtschaft. Nach seiner Militärzeit ging er wieder Tätigkeiten im landwirtschaftlichen Bereich nach.



Georg Göß (1828 - 1912)


Sein Bruder wanderte 1849 nach Amerika aus. Johann Georg zog ihm nach. Mit der Eisenbahn ging es 1855 nach Le Havre, um ein Dreimaster-Segelschiff zu besteigen. Bei seinem Bruder in San Francisco arbeitete er zuerst die Reisekosten ab. Er lernte eine englischsprachige methodistische Gemeinde kennen, deren Prediger der spätere weltbekannte Missionar William Taylor war. Er fing ein Leben mit Gott an. Nachdem er feststellte, dass bei den Methodisten „alles stimmte“, schloss er sich ihnen 1856 an.


Um dieselbe Zeit gründete er mit einem Geschäftspartner eine Gärtnerei. Er machte sich aber schon zu dieser Zeit Gedanken, ob er sich der Methodistenkirche hauptamtlich zur Verfügung stellen sollte. Er las im „Christlichen Apologeten“, der wöchentlich erscheinenden Zeitschrift für die deutsch-amerikanischen Christen, dass in seiner Deutschen Heimat eine Mission seiner Kirche begonnen wurde. Dort wollte er dabei sein. Er trennte sich von seinem Geschäftspartner, der ihn bei der Abwicklung der Firma noch sehr betrog. Im November 1858 reiste er zurück nach Deutschland. Schon ab Januar des nächsten Jahres war er Student im Predigerseminar der Methodisten in Bremen.


Während des Studiums betreute er nebenher die Gemeinde in Bremen-Vegesack. Als Prediger war Edewecht sein vierter Bezirk. Hier auf unserem Bezirk war er Prediger von 1866 bis 1869. Von hier ging es nach Marbach am Neckar, danach nach Calw im Schwarzwald, wo er nach zwei Jahren Dienstzeit als Prediger, noch vier Jahre blieb, um von dort aus als Superintendent den Württembergischen Distrikt zu leiten. Danach ging es wieder in den Norden. In Oldenburg nahm die Sonntagsschule einen vorher und nachher nie gekannten Aufschwung. Wieder ging es zurück. Dieses Mal nach Heilbronn und Öhringen. Er leitete den Bau der Kirche in Großgartach.


Prediger Göß war seit 1862 mit Catharine Christiane Elisabeth Fischer aus Brake verheiratet. Sie wurde am 3. September 1838 als Tochter des Tischlermeisters Johann Christoph Hinrich Fischer und seiner Frau Doris Antholz in Brake geboren.


1886 wanderte er „mit Rücksicht auf seine Familie“, vielleicht, weil er nicht wollte, dass sein damals 14-jähriger Sohn nicht zum Militär gehen sollte, ein zweites Mal nach Amerika aus. Dort bediente er in der „Deutschen nördlichen Konferenz“ die Gemeinden in St. Paul (1. Gemeinde), Woodbury, Menemonie und Mantako.


Der Bezirk Edewecht/Westerstede entwickelte sich unter der Leitung von Prediger Georg Göß zum Guten. Schon nach wenigen Monaten konnte er der Vierteljährlichen Konferenz sagen:


„Der Zustand der Gemeinde ist im Allgemeinen ein erfreulicher und gedeihlicher zu nennen. Wir hatten im letzten Vierteljahr keinen Verlust der Glieder zu beklagen. War auch der Zuwachs nicht bedeutend, so dürfen wir doch sagen: Wir sind weitergekommen. 5 Seelen bekennen, den Frieden gefunden zu haben, dazu zeigt sich überall ein großes Bedürfnis nach Gottes Gnade und Vergebung. Wir dürfen einander zurufen: Brüder, es fängt an zu tagen. Besonders tönt der Hilferuf von Ostfriesland zu uns herüber. Alles was wir dort sehen und hören, gibt uns die feste Überzeugung, dass der Herr uns die Tür dort aufgetan hat. Du Herr lehre uns Dein Wort recht verstehen und schenke uns Weisheit und Kraft zur Erfüllung unserer Pflicht.“

Ein guter Zustand der Sonntagsschulen war Prediger Göß immer wichtig. Im Spätherbst 1866 gab es fünf Sonntagsschulen in Apen, Westerstede, Edewecht, Scheps und Klein Scharrel mit insgesamt 95 Kindern. Im Dezember waren es 103. Zum ersten Mal wird von Kinderfesten berichtet. Außerdem wurden Weihnachtsfeste für die Sonntagsschulen „angeordnet“. In Specken wurde eine weitere Sonntagsschule begonnen. Am Ende seiner Amtszeit konnte Prediger Göß auf eine Schar von 140 Sonntagsschulkinder blicken.

Auch wurde ein „Jünglingsverein“ gegründet „welcher viel verspricht und sehr interessant ist“. In Elmendorf wurden Versammlungen angefangen, zu denen bis zu 150 Leute kamen. Prediger Göß wird auch den Anstoß für die Gründung des Gemischten Chores gegeben haben, der sich 1869 bildete.


In der Amtszeit von Prediger Göß setzte die Auswanderungswelle ein, die zunehmend die Gemeinde schwächte. 17 waren es in seiner Amtszeit. Schmerzlich war, dass darunter die beiden Lokalprediger Hermann Schrader und Georg Stets mit ihren Familien waren. Sie hinterließen eine große Lücke in der Gemeinde. Beiden wurden von der Vierteljährlichen Konferenz ein gleichlautendes schriftliches Zeugnis mit auf den Weg gegeben


„… daß wir 1. unseren Bruder stets als einen ernsten und thätigen Christen liebten, und ihn ungern ziehen ließen, 2. daß wir ihm Gottes reichen Segen wünschen, und ihn den Brüdern zu welchen er kommen wird, bestens empfehlen, 3. daß wir wünschen, daß er auch ferner im Reiche Gottes thätig u. nützlich sein möchte."


Ein schönes Erlebnis war, dass die amerikanische Missionsgesellschaft in New York der Gemeinde 300 Taler Gold für den Abtrag der Schulden, die durch den Kirchenbau entstanden waren, erließ. 50 Taler sollten davon aber an die Gemeinde in Westerstede gehen. In dem Jahresbericht der Gesellschaft spricht sie von 2 Kapellen und 9 Predigtplätzen auf diesem Bezirk und dass der Buchweizen jahrelang nicht geerntet werden konnte.


Zum ersten Mal wurden in der kleinen Predigerwohnung in der Kirche Kinder geboren: Caroline Margaretha 1866, Anna Amalia Susanna 1867 und Bertha Elise Catharina 1868. Zwei weitere Kinder folgten in Marbach.


Für seine Edewechter Zeit zieht Prediger Göß eine statistische Bilanz:


„Ich traf 130 Glieder an auf dem ganzen Bezirk, davon 100 volle und 30 Probeglieder, gestorben sind seitdem fünf, 17 reisten nach Amerika mit Schein, 6 reisten sonst mit Schein oder mussten gestrichen werden. Das ergibt einen Gesamtverlust von 28 Gliedern. 20 haben sich seitdem angeschlossen, 2 davon mit Schein, und ist die ganze Gliederzahl jetzt 92."

Ausschlussgründe waren u. a. Sonntagsentheiligung, Trägheit und „Schnapstrinken“.


In der Amtszeit von Prediger Göß fiel das Praktikantenjahr von Johannes Spille, der später auch zu den „Pionieren des Methodismus in Deutschland“ gezählt wurde. Friedrich Eilers aus Westrhauderfehn – zur damaligen Zeit ein Predigtplatz des Bezirks - wurde von der Vierteljährlichen Konferenz für das Predigtamt empfohlen. Er wurde später Inspektor des Bethanien-Diakoniewerkes in Hamburg.


Prediger Georg Göß war ein gewissenhafter und fleißiger Prediger. Er widmete sich in seinen Gemeinden besonders der Jugendarbeit. Auch soll er sehr erfolgreicher Spendensammler gewesen sein. Nach einer Dienstzeit von 41 Jahren trat er 1902 in den wohlverdienten Ruhestand, den er noch 10 Jahre erleben durfte. Er starb am 13. Dezember 1912 und wurde auf dem Woodbury Methodist Cemetery in Woodbury, Washington County, Minnesota, begraben. Seine Ehefrau folgte ihm 10 Jahre nach seinem Tod am 10. November 1922.


Für diesen Artikel war der Aufsatz in „Die Pioniere des Methodismus in Deutschland,Band II“, von August Rücker, 1937, Tractathaus, Anker-Verlag, GmbH, Bremen, Seiten 5–12, eine große Hilfe. Viele Daten und Ereignisse kennen wir aus dem ersten Protokollbuch der Vierteljährlichen Konferenz des Bezirks Edewecht/Westerstede.

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