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Heinrich Eberle, der 20. Prediger des Bezirks Edewecht / Westerstede (1908 – 1911)

  • Autorenbild: Johann Lüschen
    Johann Lüschen
  • 25. Juni
  • 5 Min. Lesezeit

Für Heinrich Eberle war der Bezirk Edewecht / Westerstede sein letztes offizielles Betätigungsfeld. Das jahrelange Arbeiten als Prediger der  Methodistenkirche ging hier zu Ende. Als er seine Praktikantenzeit 1866 in Freudenstadt und in Herrenberg, beide Orte befinden sich in Baden-Württemberg, absolvierte, gehörte er noch zur „Missionskonferenz Deutschland und der Schweiz“. Er diente der Kirche 40 Jahre lang auf 11 Bezirken.


Schon früh stand für ihn fest, hauptamtlich Prediger zu sein. Die Methodisten waren ihm vertraut – seine Eltern gehörten zu den ersten, die hier ihre geistliche Heimat fanden. Die Gegend um Heilbronn war eine Hochburg dieser evangelischen Konfession.Heinrichs Eltern Andreas Jacob Eberle und seine Mutter Katharina Elisabetha, geborene Rücker, waren Landwirte. In ihrer Familie wurde er am 16. Mai 1845 als viertes Kind geboren. Nach ihm kamen drei Geschwister dazu. Zwei Geschwister starben als kleines Kind, die anderen erreichten das Erwachsenenalter und verheirateten sich. Der evangelische Pfarrer des Ortes notierte, dass die drei jüngsten Kinder sich den Methodisten anschlossen.


Heinrich Eberle
Heinrich Eberle

Während seiner Praktikantenzeit wohnte er zuerst in Freudenstadt. Er gilt als der Gründer der dortigen,  später großen Methodistengemeinde. Sein Studium absolvierte er in den Jahren 1869 bis 1871 im Theologischen Seminar in Frankfurt am Main. Danach begann die „Deutschland-Tournee“ als Prediger in Kolberg/Greifenberg, dann ging es von 1872 bis 1873 ans andere Ende Deutschlands in das seinerzeit zum Deutschen Reich gehörende Straßburg im Elsass (dazu gehörte auch der Teilbezirk Lahr im Schwarzwald). Danach finden wir ihn wieder für drei Jahre in Freudenstadt, von 1877 bis 1879 in Bietigheim, von 1879 bis 1882 in Heimsheim, von 1882 bis 1886 in Marbach und von 1886 bis 1890 in Vaihingen an der Enz (alles Gemeinden im damaligen Königreich Württemberg). Es folgten vier Jahre in Bielefeld (1890-1894), noch einmal vier Jahre auf dem Bezirk Kolberg/Greifenberg (1894-1898). Es schlossen sich die Bezirke Magdeburg von 1809 bis 1901, Breslau von 1901 bis 1905 und Göttingen von 1905 bis 1908 an. Den Abschluss bildete dann der Bezirk Edewecht/Westerstede von 1908 bis 1911. Von hier zog er zur Familie seiner Tochter in Oberzwehren bei Kassel.


Heinrich heiratete 1873 Maria Belitz aus Kolberg; 40 Jahre war er mit ihr verheiratet. Sie war Mutter von sieben Kindern, wovon eines als Säugling starb. Eine Tochter war die spätere Ehefrau des Methodistenpredigers H. Schmeisser. Drei Kinder wanderten nach Amerika aus.


Heinrich Eberle wird geschildert als ein Mann „mit dem man gerne Umgang pflegt“. Seine Gemeindeglieder und seine Amtsbrüder schätzten seine Bescheidenheit und große Hilfsbereitschaft. Deshalb konnte er die Bitte auch nicht ablehnen, auch in seinem Ruhestand einen im ersten Weltkrieg verwaisten Bezirk im Erzgebirge zu betreuen.


Heinrichs Zeit in Westerstede und Edewecht fällt in eine politisch und wirtschaftlich ruhige Zeit. Eine für deutsche Verhältnisse lange Periode des Friedens hielt an, und vom herannahenden Weltkrieg ahnte man noch wenig.


Am 15. August 1908 meldete er sich als neuer Edewechter Bürger an. Wie bei seinen Amtsvorgängern sind Nachrichten, die sich auf den Bezirk Edewecht/Westerstede beziehen, eher selten. Einen kleinen Überblick verschaffen uns die jährlichen Berichte des Superintendenten an die Jährliche Konferenz und die Einträge in den Kirchenbüchern. Außerdem stehen zwei Nachrufe zur Verfügung.


Die Berichte des Superintendenten lauten wörtlich:

„1909. Edewecht-Westerstede. Bruder Eberle, der letztes Jahr diesen Bezirk als Bestellung erhielt und der damit recht zufrieden war, fasst seinen Bericht in den Worten zusammen: „Der Herr sei gepriesen für seine Segnungen, welche wir in diesem Jahr genießen durften.“ Auf Probe haben sich 5 angeschlossen, als Mitglieder wurden 9 aufgenommen. Der Bezirk zählt jetzt 133 Glieder; Zunahme 7. Für das Werk des Herrn opferte die Gemeinde M 3255,--, pro Glied M 24,50.“


„1910. Edewecht-Westerstede. Bruder Eberle hat seinen zweiten Amtstermin hier beendet. Obwohl zu beklagen ist, dass viele Glieder sich noch nicht zur vollen Erlösung ihrer Pflichten und dem Gebrauch ihrer Vorrechte haben wecken lassen, muss doch von einem anderen Teil rühmend anerkannt werden, dass die Freigebigkeit es ermöglichte, ohne Defizit abzuschließen. Anschluss 3. Zunahme 1. Einnahme M 3127,--, pro Glied M 23,68.“


„1911. Edewecht-Westerstede. Der Name dieses Bezirks hat auf unserem Distrikt immer einen guten Klang gehabt. Bruder Eberle berichtete an mich: Was das Werk anbetrifft, so sind wir trotz mancher Stürme in der Gemeinde nicht aufgehalten worden, die aufrichtigen Mitglieder ihrem himmlischen Beruf näher zu führen, was sich besonders in ihrer Opferwilligkeit und in ihrem Jagen nach einem heiligen Leben kundtut. Auf Probe schlossen sich 4 Personen an, 2 wurden als Mitglieder aufgenommen. Da 6 abgingen, bleibt die Mitgliederzahl dieselbe, 132. Die freiwilligen Beiträge betragen M 2846, pro Glied 21,50.“


Heinrich Eberle erlebte Freud und Leid auf dem Bezirk: Am 4. Juli 1909 fand in Westerscheps auf dem Hof der Familie Ficken ein Bezirksmissionsfest statt. Das war wie jedes Jahr ein Höhepunkt des Gemeindelebens. Das schöne Beisammensein endete mit einem tragischen Unfall. Die 74jährige Marie Sophie Büntjen, geborene Wasmann, von Westerstede fiel auf der Heimfahrt vom Pferdewagen und brach sich die Halswirbelsäule. Sie war danach gelähmt und lebte noch fünf Tage.


Im April 1911 bekam er Post von seinem Amtsbruder Schwing aus Aurich: „Lieber Bruder Eberle! Die Familie Andreas Ottersberg u. s. Frau Gesche geb. Lambertus, beide volle Mitglieder,  ziehen in diesen Tagen nach Elisabethfehn, wo sie sich eine Landstelle eingekauft haben. Sie möchten Mitglieder deiner Gemeinde in E. sein u. kann ich sie dir bestens empfehlen zur brüderl. Aufnahme. Sie werden Dir baldigst ihre genaue Adresse angeben u. sich bei dir vorstellen. Bitte sieh dies als Gliederschein an…“


Dies war der Anfang einer kleinen, aber sehr aktiven Gemeinde in Kamperfehn. Bei der Familie Ottersberg fanden regelmäßig Missionsfeste statt. Auch brachte die Familie einen Pfarrer der Evangelisch-methodistischen Kirche in der Schweiz  hervor – Johann Ottersberg. Johann besuchte uns kurz vor Weihnachten mit seiner Schwester Olga.


Heinrich Eberle durfte in seiner Amtszeit in Edewecht/Westerstede 15 Kinder taufen. Es waren Kinder der Familien Wenke, Borchers und Eilers von Portsloge, Twiest und Büntjen von Westerstede, Frers von Gießelhorst, Grebener und Hamjediers von Augustfehn, Brunßen von Westerscheps und Grüßing von Halsbek.


Er traute sieben Eheleute: Den Landmann Heinrich Grüßing aus Neuengland mit Meta Filmer von Conneforde, den Eisenbahnstationsarbeiter Gerhard Tammen aus Godensholt mit Luise Müller von Klein Scharrel, den Landmann Gerhard Kayser von Jeddeloh mit Johanna Janßen von Augustfehn, den Schuhmacher Friedrich Tammen von Godensholt mit Sophie Siems von Westerstede, den Landwirt Johann Gerhard Höpken von Jeddeloh mit  Wilhelmine Schäfer von Oldenburg, den Landwirt Hermann Johann Kayser von Jeddeloh mit  Engeline Janßen von Augustfehn und den Zimmermann Franz Wilhelm  Grüßing von Halsbek mit Anna  Bohlken von Neuengland.


Er nahm 8 Beerdigungen vor: Neben anderen langjährigen Mitgliedern der Gemeinde war darunter auch das älteste weibliche Mitglied des Bezirks Helene Wenke. Sie schloss sich 1858 mit 16 Jahren der Gemeinde an und heiratete später den Landwirt Johann Wenke. Sie „entschlief sanft“ an Altersschwäche.


Nach seiner Amtszeit auf dem Bezirk Edewecht/Westerstede trat Heinrich Eberle seinen meist aktiven Ruhestand an. Er half, wo er konnte und schonte sich nicht. Am 5. Januar 1916 starb er nach dreivierteljähriger schwerer Krankheit im Hause seines Schwiegersohnes in Oberzwehren im Hessischen. Seine Beerdigung wurde begleitet mit Glockengeläut, Chorgesang und vielen Trauerreden.


In seinem Nachruf wird ihm bescheinigt: „Er war nicht einer von denen, die da sagen oder denken: ‚Mein Herr kommt noch lange nicht‘, vielmehr hielt er, so viel an ihm lag, in Herz, Haus und Gemeinde alles in solcher Ordnung, um zu jeder Stunde seinen geliebten Herrn und Meister mit Freuden begrüßen zu können.“

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