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  • AutorenbildJohann Lüschen

Eduard Baumann, der zwölfte Prediger des Bezirks Edewecht/Westerstede (1884-1887)


Mit der Zerstörung der Kirche in Edewecht im Jahr 1945 wurden alle wichtigen Schriften der Gemeinde vernichtet. Wir wissen deshalb über Prediger Eduard Baumann und über sein Wirken nur sehr wenig. Eine Karteikarte des methodistischen Archivs in Reutlingen und der veröffentlichte Nachruf in der methodistischen Zeitschrift „Der Evangelist“ ermöglichen aber trotzdem eine gute Beschreibung seines Lebens.



Eduard Baumann


Im Hochsommer des Jahres 1884 kommt ein junger Mann in Edewecht an. Man spürte es gleich: Jetzt treffen Welten aufeinander. Zwar war sein letzter Wohnsitz Aurich, aber die Gemeinde merkte gleich: Ein Norddeutscher ist das nicht. Er soll eine Weile in der Schweiz gelebt haben. Immerhin ist er ein Deutscher. Aber dies machte die Sache auch nicht besser: Er war ein Schwabe und kam aus dem württembergischen Fridingen, an der Donau zwischen dem Schwarzwald und der Schwäbischen Alb gelegen. Dort wuchs er in einem katholischen Elternhaus auf. Geboren wurde er am 13. Oktober 1851 als Sohn des Severin Baumann und seiner Mutter Genovefa, geborene Maier, und wenig später in der katholischen Kirche St. Martin in Fridingen getauft. Seine Eltern zogen ihn christlich auf. Er machte sich viel über „Gut und Böse“ Gedanken und fühlte sich so sündhaft, dass er nur die Hölle verdient hätte. Er schwor bei seiner Kommunion mit 12 Jahren, wenn Gott ihm dazu Gelegenheit geben würde, „alles Irrige und Verkehrte wieder gut zu machen“. Sieben Jahre später wiederholte er sein Versprechen bei einer Wallfahrt zum Kloster Beuren.


Nach dem Besuch der Volksschule erlernte er das Handwerk des Töpfers; in Süddeutschland sagte man noch lange „Hafner“ dazu. Danach musste er sich der Wehrpflicht stellen. Nach der Ableistung fand er Arbeit in der Schweiz. Er wohnte dort im Haus einer methodistischen Familie. Es kostete ihn als überzeugten Katholiken einiges an Überwindung, der Einladung seines Vermieters zu einer methodistischen Versammlung zu folgen. Er war sofort angetan von dieser besonderen Form, den christlichen Glauben auszudrücken. Er schloss sich bald der Gemeinde an, wurde Predigthelfer und arbeitete in der Sonntagsschule mit. In dieser Zeit reifte in ihm der Entschluss, hauptamtlich in seiner „neuen“ Kirche arbeiten zu wollen.


Eduard Baumann beendete sein Arbeitsverhältnis und absolvierte ein einjähriges Praktikum in der methodistischen Gemeinde in Marbach am Neckar. Am 2. September 1878 begann er das dreijährige Theologiestudium am Predigerseminar in Frankfurt am Main und anlässlich der Jährlichen Konferenz 1883 in Heilbronn wurde er zum Diakon geweiht. Als Prediger ging es zuerst nach Metten bei Osnabrück. Dann folgte zwei Jahre im ostfriesischen Aurich.


1884 wurde er der 12. Prediger des Bezirks Edewecht/Westerstede. Er blieb eine „volle Amtszeit“ von drei Jahren. Das deutet auf ein stabiles und harmonisches Verhältnis zwischen ihm und den Mitgliedern des Bezirks hin. Vielleicht, weil er sich von zu Haus aus gut in ein Leben im ländlichen Umfeld hineindenken konnte.


Er fand auf dem Edewechter Bezirk 85 Mitglieder, 15 Probeglieder und 125 Freunde der Gemeinde vor. In Edewecht und in Westerstede gab es kirchliche Gebäude. An weiteren Orten wurden Versammlungen gehalten. In seiner Arbeit wurde er von den „sesshaften Predigern“ Heinrich Stoffers aus Edewecht und Johann Wenke aus Portsloge unterstützt.

In den 5 Sonntagsschulen in Edewecht, Westerstede, Westerscheps, Klein Scharrel und Apen wurden 155 Kinder unterrichtet. Die amerikanische Missionsbehörde spricht von 7 Sonntagsschulen. 1886 kam die Sonntagsschule in Portsloge dazu. Sie wurde auf der Diele des Bauernhauses Wenke gehalten. An diesen Zahlen änderte sich in seiner Amtszeit nur wenig. Am Ende waren es 88 Mitglieder und 15 Probeglieder. Etwa 100 Leute besuchten sonntags die Gottesdienste. Prediger Baumann taufte 8 Kinder und hielt 7 Beerdigungen. Karl Stoffers aus Edewecht wanderte in dieser Zeit nach Amerika aus. 1885 schreibt die amerikanische Missionsbehörde in ihrem Jahresbericht: „In Edewecht haben wir viele vor Jahren erweckte Mitglieder in soliden Familien. Wir können erwarten, dass durch ihre Kinder die Gemeinde wachsen wird.“


Metten, Aurich und Edewecht waren seine einzigen norddeutschen Arbeitsplätze. Ansonsten spielte sich sein langes Predigerleben im Süden Deutschlands ab. Von Edewecht ging es wieder in seine Heimat auf die Alb nach Ebingen. Es folgten die Bezirke Vaihingen an der Enz (1892-1896) und Ludwigsburg (1896-1900). Hier wurde er zum Ältesten geweiht. Es folgten Augsburg (1900-1903), Dillenburg an der Lahn (1903-1906) und in Ansbach in Franken von 1906 bis 1911. Danach konnte er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten und bat um Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand. Er zog mit seiner Ehefrau wieder in die Schweiz. Auf dem Bezirk Örlikon half er noch aus – so gut wie es ging. In den letzten Jahren seines Lebens wohnte er in Zürich. Dort erlitt er 1912 einen leichten Schlaganfall, von dem er sich nie wieder richtig erholte. Zuletzt war er beidseitig gelähmt.


Eduard Baumann starb am 12. Mai 1914 in Zürich und wurde am 16. Mai auf dem Friedhof in Sihlfeld beerdigt.


Im Sommer des Jahres 1885, also während seiner Edewechter Amtszeit, heiratete er Luise Ochmer aus Dübendorf bei Zürich. Dafür nahm er einen Kurzurlaub und traf am 24. Juli wieder in Edewecht ein. Von ihren vier Kindern überlebten zwei das Kindesalter nicht.


Über seine Stärken und Schwächen ist leider nichts überliefert. Aus den Zeilen seines Nachrufs kann aber herausgelesen werden, dass er ein ernster Christ und ein treuer Diener seiner Kirche war. In ihm heißt es über unseren 12. Gemeindeprediger, dass „der Herr ihn überall zum Segen setzte und Seelen für sein Reich gewinnen ließ“.

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