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Brunnenbaumeister Johann Heinrich Suhr - Pionier der Wasserversorgung und Erdölentdecker

  • Autorenbild: Heimatarchiv Team
    Heimatarchiv Team
  • vor 5 Tagen
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Johann H. Suhr, geb. am 10. Okt. 1892 in der Schützenhofstraße in Rastede, erreicht als 20-jähriger im Jahre 1912 auf einem Milchwagen Edewecht. Er stammt aus einer alteingesessenen Rasteder Brunnenbau-Familie, mit der er sein Handwerk von der Pike auf erlernt. Suhr macht sich in Edewecht gleich selbstständig in einem Schuppen am Brink, gegenüber vom Schmied Frers. Seine ersten Kunden sind Bauern, für die er Karbidlampen und Milchkannen lötet.



Traditioneller Hausbrunnen
Traditioneller Hausbrunnen

Die Wasserversorgung der einzelnen Edewechter Höfe erfolgt aus offenen Ziehbrunnen. Handpumpen werden von der Industrie noch nicht hergestellt. Kupferschmiedehandwerker treiben jede Pumpe aus Kupfermaterial. Ein vom Stellmacher gedrehtes Ventil aus Holz wird mit einer Lederklappe und Bleibeschwerung versehen sowie mit Hanf und Talg eingedichtet. Jede Pumpe war für sich ein Meisterstück.



Ein Bohrbrunnen wird nach Erprobung angelegt
Ein Bohrbrunnen wird nach Erprobung angelegt

Johann Suhr stellt seine Brunnen anfangs als offene Brunnen mit der Hand her. Er hatte über Abessinier-Brunnen gehört, die aus Bambus in die Erde getrieben werden. Jan Suhr erfindet das Spülbohrverfahren und dazu einen ausziehbaren Kupferfilter. Von einem Patentamt weiß er damals noch nicht, hätte allerdings auch nicht das Geld für eine Anmeldung gehabt. Die Edewechter Bauern wollen von dieser Neuerung zunächst nichts wissen. Erst über Heinrich Oelliens Großvater, einen der reichsten Edewechter Hofstellenbesitzer, kommt Bewegung in die Sache. Oellien vertraut Johann Suhr, indem er ihm den Auftrag zum Bau eines Brunnens nach dem neuen System erteilt. Andere Bauern kommen, sehen sich diese Neuerung anfangs skeptisch an, staunen aber über den nicht versiegenden Brunnen. Sie beauftragen gleichfalls Johann Suhr mit dem Brunnenbau auf ihrem Besitz. Der Aufstieg Suhrs als Brunnenbauer beginnt.

 

Johann H. Suhr, genannt Jonny, setzt sich gleich mit großem Engagement für den Ort Edewecht ein. Unter anderem ist er Anfang der 20er Jahre Mitbegründer der Freiwilligen Feuerwehr. Er kann Klavier spielen und gründet schon bald eine Tanzkapelle mit Hermann Langrock an der Geige und Rudolf Mösner mit der Piccoloflöte und dem Baß. Sie machen auf jedem Ball Musik und lassen die Edewechter tanzen. Bei Stummfilmen im Kino liefern die Männer die musikalische Begleitung. Im April 1915 heiratet Johann Suhr die Süd-Edewechterin Marie Dierks vom gleichnamigen Hof.



Erster Suhr´scher Betrieb an der Oldenburger Straße
Erster Suhr´scher Betrieb an der Oldenburger Straße

An der Oldenburger Straße auf dem Esch wird ein eigenes Geschäftshaus errichtet. Wegen Platzbedarfs erfolgt der Erwerb der Jahrhunderte alten Bünting´schen Besitzung in Süd-Edewecht, gegenüber zum heutigen Volksbank-Gebäude. Diese Belegenheit wird zu einem praxisorientierten Betriebsgebäude ausgestaltet.


Im I. Weltkrieg ist Johann Suhr an der Westfront eingesetzt. Hier holt er sich eine Gasvergiftung, von der er sich zeitlebens nicht erholen wird. Er leidet ständig unter Kopfschmerzen. Nach dem Krieg folgt eine sehr schlechte wirtschaftliche Zeit mit einer hohen Arbeitslosenzahl. Es gibt „nichts zu verdienen“. Als Wünschelrutengänger geht Suhr von Haus zu Haus und auch nach Holland; hier baut er Brunnen. Ein großes Ereignis ist es, als er mit seiner Wünschelrute in 110 Meter Tiefe Süßwasser findet.



Ausrüstungswagen
Ausrüstungswagen

Johann Suhr kehrt von einer längeren holländischen Tournee zurück. Auf Wunsch der Niederländischen Regierung hat er dort Wasservorkommen festgestellt. Gleichfalls bohrt er mit Erfolg an der Südküste Englands und schafft damit große Wasserversorgungsanlagen für die Industrie. Es spricht sich in Fachkreisen herum und Johann Suhr erhält von der englischen Regierung den Auftrag, nach Südwestafrika zu gehen, um dort Wasserstellen zu suchen und Brunnenbauten vorzunehmen. In der ehemaligen deutschen Kolonie Südwestafrika herrschen Verhältnisse, nach denen sich, besonders in letzter Zeit, größter Wassermangel bemerkbar macht, so daß an einzelnen Stellen die Farmer bereits abwandern. Leider wird durch Untersuchung durch verschiedene Ärzte Jan Suhrs Tropenfähigkeit in Frage gestellt. Es herrscht im südwestlichen Afrika insbesondere die stark auftretende Malaria. Daher muß das Angebot der Engländer letztendlich abgelehnt werden.

 

Im Jahr 1922 findet Jan Suhr bei der Anlage eines Brunnens auf dem Edewechter Esch in ca. 1,50 Meter Tiefe einige Urnen unter einer Steinsetzung. Professor v. Buttel-Reepen vom Naturhistorischen Museum in Oldenburg schätzt das Alter einiger Graburnen auf ca. 3500 Jahre. Ein von Heinrich Albrecht kunstvoll gemauerter Brunnen mit einem Durchmesser von ca. 5 Metern, mit schönen roten, extra angefertigten Steinen, kann auf dem Esch besichtigt werden. Dieser von Suhr hergestellte Brunnen liefert auch heute noch ein ausgezeichnetes Wasser für den Oellienhof.

 

 

Johann Suhr sucht Wasser und findet Erdöl.

Jan Suhr kennt den Untergrund des Ammerlandes und des Oldenburger Landes wie seine Westentasche. Im Jahr 1937 macht er eine interessante Entdeckung bei Bohrungen auf dem Gelände des Militärflugplatzes in Rostrup sowie im Zwischenahner Meer. Dabei stößt er auf die Spitze eines mächtigen Salzstocks, der eindeutig Aufschluß gibt über die Entstehung des Zwischenahner Meeres.  

 

1938/39 wird Johann Suhr beauftragt, für den Reichsarbeitsdienst des NS-Staates in den zuvor kaum von Menschen betretenen Hochmooren des Emslandes Brunnen zu bohren. Die Wasseradern findet er durch Wünschelrutengänge. Bei dieser Gelegenheit stößt er im Sommer 1939 in der Nähe von Hogstede bei Emlichheim nach Durchstich einer Moränenschicht in 24 Meter Tiefe auf Pechblende. Es wird eine leichte Brennbarkeit der zutage geförderten Masse festgestellt. Suhr vermutet ein größeres Erdölvorkommen und es folgt nach eingehender Analyse eine entsprechende Bestätigung von der Geologischen Landesversuchsanstalt Berlin. Eine wirtschaftliche Auswertung erfolgt jedoch zunächst nicht. Erst als akuter Brennstoffmangel eintritt, entsinnt man sich des Suhr´schen Fundes. Mit modernen technischen Mitteln stößt man jetzt in 800 Meter Tiefe auf ergiebige Erdöllager. Diese schaffen die Grundlage zur Erstehung der umfangreichen Erdölindustrie des Emslandes.

 

In den letzten Kriegstagen im April 1945 erleidet der Betrieb Suhr das gleiche Schicksal wie fast das gesamte Eschdorf Edewecht und Umgebung. Die Gebäude samt Einrichtung versinken in Schutt und Asche.



Moderner Betrieb in Süd-Edewecht
Moderner Betrieb in Süd-Edewecht

Mit Unterstützung durch seine Frau Marie und dem aus dem Krieg heimgekehrten Sohn Günter kommt es zu einem stattlichen Neubau für das vielseitige Geschäft. Johann und Günter Suhr entwickeln eine SUSO-Wasseraufbereitungsanlage mit Druckkessel als Hausversorgung. Darauf gibt es einen Musterschutz. Der allgemeine Wiederaufbau nach dem Krieg beginnt und damit das Wirtschaftswunder. Es entsteht eine enorme Nachfrage nach Wirtschaftsgütern, insbesondere durch viele Millionen Flüchtlinge und Vertriebene aus den Ostgebieten, die sich im Gebiet der neuen Bundesrepublik Deutschland wiederfinden. Die Brunnen Jan Suhrs liefern vielen Industriebetrieben das kostbare Nass, unter anderem  namhaften Spirituosenherstellern in Haselünne.



1956 Betrieb Suhr mit Mitarbeitern;  links Günter Suhr
1956 Betrieb Suhr mit Mitarbeitern; links Günter Suhr

Laut den Ammerländer Nachrichten vom 15. April 1955 gelingt es den Brunnenbauern Johann und Günter Suhr, eine transportable Wasseraufbereitungsanlage, eine Vacuum-Enteisungs- und Entsäuerungsanlage zu konstruieren. Diese haben sie zwischenzeitlich unter der Nummer DRGM 1694833 patentieren lassen. Die Aufbereitungsanlage hat inzwischen, nachdem bereits an die 25 solcher Anlagen in Betrieb genommen sind, ihre Bewährungsprobe bestanden. Zahlreiche Behördenstellen, das Oldenburgische Siedlungsamt und auch die Landwirtschaftskammer haben sich vom einwandfreien Funktionieren der Anlage überzeugt. In einer Reihe von Schulen und z. B. im Friesoyther Krankenhaus sind solche Aufbereitungsanlagen aufgestellt worden, gleichfalls auf Veranlassung der Oldenburger Siedlungsamtes und der LWK in der neuen Siedlung Harbern (Gemeinschaftswaschanlage). Mehrere Neusiedler aus Harbern äußern sich sehr zufrieden über ihre Wasseraufbereitungsanlage, die aus dunkelbraunem Moorwasser kristallklares Trinkwasser filtert, dieses ist geeignet selbst zum Kochen von Tee und Kaffee.

 

Es ist ein besonderes Anliegen Johann und Günter Suhrs, die Trinkwasserqualität zu verbessern. Sie veranstalten Anschauungsunterricht, indem sie den Unterschied zwischen zwei Wasserproben darstellen. Eine Probe war hochgradig eisenhaltig mit Flocken, die andere kristallklar aus einer neuen Wasserversorgungsanlage. Früher schippte man Brauchwasser aus meist offenen Sammelbrunnen, in die verunreinigte Stoffe, z. B. von Düngerhaufen, einsickern konnten. Infolgedessen waren Krankheiten in der Bevölkerung verbreitet, die man damals aber hinnahm.  

 

Auf dem Gebiet der bakteriologischen Wasseruntersuchung ist Johann Suhr anerkannter Fachmann. Die Zeit der Brunnen endet langsam, als Ende der 50er / Anfang der 60er Jahre mehr und mehr Haushalte an das Verbundnetz angeschlossen werden (OOWV). Der Suhr´sche Betrieb wird in den folgenden Jahrzehnten, auch unter Einsatz des Enkels Manfred, angepaßt und je nach Bedarf umstrukturiert, in erster Linie zum Gas- und Wasserinstallationsbetrieb.



Edewechter Unternehmer Johann H. Suhr
Edewechter Unternehmer Johann H. Suhr

Johann Heinrich Suhr stirbt am 10. August 1959 im Alter von 67 Jahren an den Folgen einer heimtückischen Krankheit. Die Unbeirrbarkeit dieses Edewechter Pioniers, seine Passion, sein Fachwissen, sein großes kaufmännisches Geschick und sein Charakter ermöglichten es ihm ein Geschäft aufzubauen, dessen Name weit über das Ammerland hinaus und selbst im Ausland einen guten Klang hatte.

 

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